27.2.09

Künftige Lehrer im Elfenbeinturm

Heike Schmoll beklagt sich in einem Leitartikel der FAZ angesichts des Wettstreits der Bundesländer um gute Lehrer über die Mängel staatlicher Ausbildungsformen.

In der FAZ vom 27. Februar sucht Heike Schmoll nach dem guten Lehrer. Was zeichnet ihn aus? Ein »geheimnisvolles Feuer«, dem man mit staatlichen Eignungstests nach ihrer Einschätzung kaum auf die Spur kommen wird. Nennen wir es mit einem guten alten Wort: Begeisterung! Wer nicht von einem Stoff begeistert ist, kann auch andere nicht begeistern. Wer nicht dafür glüht, ihn anderen zu vermitteln, wird in ihnen schwerlich das Interesse wecken, das Liebe entzündet. Nur: wo soll die Begeisterung herkommen, in einer Hochschullandschaft, die von Erziehungswissenschaftlern geprägt ist, »die von angewandter Pädagogik nichts wissen wollen, sondern sich schon lange in Schulabstinenz und abgewandter Pädagogik« üben? Zwar verabschieden die Kultusminister »niveauvolle Standards« für die Lehrerbildung. Aber die existieren nur auf dem Papier, wie Heike Schmoll feststellt, und nicht in der universitären Lehrerbildung. Die Lehramtsstudenten bekommen keine Ausbildung, die sie auf die pädagogische Praxis vorbereitet, sondern laufen als »Fachwissenschaftler zweiter Klasse« neben den anderen her, die nach einer akademischen oder sonstigen Karriere streben. Wehmutvoll blickt Schmoll auf die Zeit zurück, als es noch pädagogische Hochschulen gab.

Nun, es gibt noch pädagogische Hochschulen, die zwar keine gleichartige, aber eine gleichwertige Ausbildung für die künftigen Lehrer bieten. Diese pädagogischen Hochschulen sind aber keine staatlichen Einrichtungen, sondern befinden sich in privater Trägerschaft und sind Schulen in freier Trägerschaft assoziiert. Man kann froh darüber sein, dass es solche nicht gleichartigen Ausbildungsformen gibt, denn über den Wert der von Schmoll kritisierten kann man doch ins Grübeln kommen. Was nützt die beste Wissenschaft, wenn sie sich im pädagogischen Alltag als untauglich erweist? 15jährige interessieren sich nicht für die neuesten erziehungswissenschaftlichen Theorien, sondern für die Welt, an der sie sich begeistern, wenn die Lehrer sie zu begeistern vermögen. Der staatlichen Lehrerbildung täte ein Schwenk zur Praxis gut und die Frage, wozu all die wissenschaftliche Exzellenz da ist, wenn sie Lehramtskandidaten nicht für ihren Beruf qualifiziert. Diese Qualifikation vermittelt nicht die Anhäufung theoretischen Wissens, sondern die Ausbildung praktischer Phantasie, einer kreativen Kompetenz, die noch am ehesten in den Künsten erübt werden kann. Was künftige Lehrer vor allem benötigen ist – neben dem selbstverständlichen Wissen in ihren Fachgebieten –, ästhetische Selbsterziehung im Schillerschen Sinn. Die Künste bilden all das aus, was ein künftiger Lehrer benötigt: innere Beweglichkeit, die Fähigkeit des Lauschens, Geduld, Phantasie, Geistesgegenwart, Initiative, Freude am Schaffen, Selbstdisziplin. Kein Musikstück kann ohne all das gespielt, kein Chorwerk aufgeführt werden. Und was die Künste gegenüber einem bloß theoretischen Unterricht vor allem auszeichnet: sie bilden den Menschen selbst, sie ästhetisieren ihn, indem sie zwischen Intellekt und Leidenschaft, zwischen Reflexion und Handeln fortwährend vermitteln.

Lasst die künftigen Lehrer Theater spielen, tanzen und singen: davon haben sie mehr, als von drögen Seminaren über Evaluationstheorien und Strategien der Kompetenzentwicklung! Und von solchen Lehrern, die sich dank der Kunst des Lebens freuen, haben auch die Schüler und Schülerinnen mehr!